... über Peter K. Gabrian

Peter Gabrian hat immer ganz hart an seinem Stil gearbeitet. Er hat es sich nie leicht gemacht, keine leichtfertige Anpassung stand bei ihm im Vordergrund, keinem modischen Trend ist er gefolgt. Abstraktionen finden sich durchgehend in seinem Werk, frühe Arbeiten zeigen eine erstaunliche Beherrschung des Konstruktivismus. Wie ein roter Faden ziehen die Elemente des Expressionismus durch seine Arbeiten. Eines der frühesten Werke ist an van Gogh angelehnt.

Die Richtung war damit eigentlich klar, nämlich, eine seelische Aussage in temperamentvoller, schwungvoller, aber gezügelter Form vorzutragen. Peter K. Gabrian wurde im winterlichen Waldkampf im Lappland des Jahres 1942 schwer verwundet. Hier während des Krieges im äußersten Norden Europas - so bitter dies klingen mag - ereignete sich das Urerlebnis von Land, von Menschen, von Einsamkeit, von den Wettern, von der Atmosphäre Lapplands. Das ist etwas, was Peter K. Gabrian bis heute nie losgelassen hat und was ihn mit dieser Region verbindet, trotz des unter uns Menschen so verbreiteten Sicherheitsdenkens. Es erscheint wichtig, dies zu erwähnen, weil nur in dieser Konstellation überhaupt der spätere Lapplandmaler Peter K. Gabrian zu verstehen ist.

Viele unserer zivilisatorischen Selbstverständlichkeiten verlieren in der arktischen Wildnis an Bedeutung, wogegen andere Einstellungen und Verhaltensweisen zum Leben und Überleben notwendig sind. Entscheidend war für ihn seine zweite Begegnung mit Finnland in den frühen sechziger Jahren. Diese zweite Begegnung rief eine ganz neue Einschätzung des Kreatürlichen und damit des Menschen selbst - und auch seiner eigenen Persönlichkeit - herauf.

Er fand eine neue große Ehrfurcht vor der Natur. Es schwang mit die Suche nach Bindung an dieses Land, zu dem er seine Liebe entdeckt hatte, und auch innerliche Verwurzelung in diesem spröden, einsamen Gefilde, das etwas von jener Freiheit vermittelt, welche immer Sehnsucht von Menschen gewesen ist. Die finnische Landschaft, und hier besonders Lappland, hat ihn zu einer ganz bestimmten Sensibilität inspiriert und geführt, die man überhaupt nicht pauschal benennen kann, die aber ganz charakteristische Züge hat. Sie äußert sich etwa an der Sparsamkeit des Ausdrucks, des Striches, der Farben. Sie äußert sich ferner in der Toleranz, die die Menschen in diesem Lande einander entgegenbringen. Auch in der Toleranz, die der Künstler Gabrian anderen Werken entgegenbringt.

Haben wir in seinem Freiheitsbegriff schon einen Aspekt seiner starken Persönlichkeit zitiert, so müssen wir noch weitere anreihen: etwa den Optimismus, der ihn immer wieder an das Fortschrittliche, an das Gute glauben läßt. Der Glaube an den Sinn des Lebens, der jeder Verzweiflung Einhalt gebietet, ein religiöser Aspekt, der sich durch sein Werk zu ziehen scheint, das Vertrauen in sein Gegenüber, in seine Mitmenschen, ein sehr gesundes starkes Selbstbewußtsein, das gepaart ist mit einem kritischen Geist. Auch kritisch sich selbst gegenüber, was sich schließlich in seinen Selbstbildnissen spiegelt.

In einer Reihe von Ausstellungen in Finnland zeigte Peter K. Gabrian seine Arbeiten über Lappland mit dem Titel KUVIA LAPISTA Bilder aus Lappland. Diese Ausstellungen wurden in der finnischen Presse ausführlich und anerkennend kommentiert. Neben den beiden profiliertesten Lapplandmalern Finnlands, Prof. Aimo Kanerva als dem Nestor der Lapplandmaler mit sachlicherzählendem expressiven Bildvortrag etwa und seinem Gegenpol, Prof. Reidar Särestöniemi, dem berühmten Sohn Lapplands mit seiner ungeheueren farbdurchfluteten expressiven Spiritualität, bezeichnete die Kritik Gabrian als den lyrischen Lapplandmaler. Ohne Zweifel ist damit eine besondere Wertschätzung ausgesprochen. Und in der Tat finden sich in seinem Werk tiefe Spuren der Weite, der Einsamkeit, diese riesige Tiefe, die man mit Lappland assoziieren muß. Das Werk Gabrians ist ein deutliches Beispiel dafür, wie Werk und Welt einander bedingen.

Seine Hauptarbeitsgebiete sind die Ölmalerei, die Rohrfederzeichnung und die Radierung. lhnen wendet er sich mit besonderer Vorliebe zu. In der Themenpalette herrschen die Landschaften vor, daneben das Stilleben, das Portrait und das Figurale. Vor allen Dingen die Landschaften bilden einen ausgesprochenen Schwerpunkt in seinem Schaffen.

Da sind die großartigen und überzeugenden Rohrfederzeichnungen. Sie entstehen immer vor der Natur, es ist ein schneller, spiritueller, spontaner Schaffensprozeß. Die Heftigkeit des eigenen Erlebens drückt sich im Strich, im Gesamtausdruck der Zeichnung aus. Im Grundthema Natur sind immer wieder Hütten in ihrem Zustand des langsamen Verwitterns und des Verfalls zu sehen. Sie erscheinen als Denkmäler von Geschichte, von Menschen mit ihrer Geschichte, damit auch als Denkmäler des Landes, Denkmäler des Wetters und der Jahrhunderte der Holzkultur und damit des Lebens an sich.

Werden und Verfall erscheinen hier parallel. Ich denke dabei an den Begriff der Morbidität, der ebenso deutlich wird in den großen Bildern, der Gesichtspunkt des memento mori, der dort droben in den lappländischen Wäldern zum ganz normalen Tagesverständnis gehört. Zwei Ebenen liegen in seinen Zeichnungen offen: einmal die Beschreibung dessen, was er gesehen hat und was wir nach-sehen, nach-empfinden, nach-erleben sollten. Eine detaillierte Beschreibung von See, Ufer, Pflanzen, Bäumen, Häusern, Himmel, Wolken. Neben dieser Beschreibung wird uns aber vor allem die Empfindung mitgeteilt - besser gesagt: sie springt über. Eine Melancholie liegt auf vielen Arbeiten und ein Ton von Tristesse zieht sich durch die Arbeit. Ich denke - dies ist eine persönliche Empfindung - oft dabei an die Musik von Sibelius. Dabei sind die Arbeiten Gabrians technisch gesehen von äußerster Sparsamkeit, nicht abstrakt, aber abstrahierend. Dieses meint ja: es so verkürzend, soviel weglassend oder wegnehmend, dass nur das Allerwesentlichste für unsere Augen noch übrigbleibt. Seine Rohrfederzeichnungen sind ohne jede Stileffekte, nicht oberflächlich, nicht aufdringlich. Sie sind still.

Als Werkzeug benutzt Peter K. Gabrian Schilfrohr, das er an jedem Seeufer findet und das er sich zurecht schneidet. Er steht damit in einer Tradition, die uralt ist und ebenso handfest. Mit diesem urtümlichen und doch zugleich aktuellen Werkzeug zeichnet er Liniengerüste aus Tusche in drei unterschiedlichen Dichten auf das Papier. Dadurch erreicht er trotz der scharfen Linien, trotz des linearen Spiels malerische Töne innerhalb der Zeichnung. Mit dem Pinsel laviert er letztendlich noch darüber. Neben diesem zeichnerischen Vorgang liebt er auch das Verlaufenlassen, Farben ihren eigenen Weg finden lassen auf dem Papier, und hier reizt ihn das Steuern und das Nutzen der Überraschungen zugleich.

Interessant ist auch, daß er oft mit Fingertupfern ganz unmittelbar am Material ist und vielleicht einer besonderen Sensibilität hiermit Ausdruck geben kann.

Diese Technik wurde in zahllosen Versuchen von Gabrian zur Beherrschung geführt, und hier äußert sich sein unermüdlicher Kampf um die Form. Viele Anläufe filtern und präzisieren nämlich die Idee und die Formulierung, lehren nicht nur ihn, sondern auch uns neue Sehweisen und Standpunkte. Seine Zeichnungen sind also nicht künstliche, sterilästhetische Effekte, sondern unmittelbare Nachrichten aus der Wildnis Lapplands.

Im Gegensatz zu den Zeichnungen entstehen die Ölbilder Gabrians ausschließlich im Atelier. Sie sind deshalb mehr Reflexe des Gesehenen, Träume, Erinnerungen, oder auch Sehnsüchte, die sich hier artikulieren. Deshalb wird auch bei den Ölbildern das kompositorische Element wesentlich stärker. Der Aufbau in Zonen, in Farbklang, die Tiefenführung, die Raumbildung sind durchkonstruiert und durchdacht. Die sehr expressiv angefüllte Arbeit von Peter K. Gabrian ist die legitime Fortführung der Tradition der Moderne. Er sagt selbst, daß vor ihm gute Kunst gemacht wurde und auch nach ihm gute Kunst gemacht werden wird. Das ist ein Aspekt von Ehrlichkeit, den man heute bei vielen anderen Künstlern vermisst. Er trägt keine modernistische Arroganz zur Schau. Die Spiritualität von Natur und Elementen ist eben auf Dauer wirksam, Peter K. Gabrian macht uns dies bewußt. Er gibt uns die Essenz dessen, was die Lappland-Natur, die Lappland-Einsamkeit oder die Lappland-Wildnis wirklich ist. Er fasst alles in diesem Satz zusammen, den ich zitieren darf: Was Sie hier sehen, das ist eben mein Lappland.

Diese Liebe zum Thema entstand aus einer Wahlverwandtschaft sowie aus der Tiefe seines Charakters. Das heißt aber überhaupt nicht, daß Lappland sein ausschließliches Thema ist.
Neben sehr verschiedenen Bildinhalten spielten und spielen Form und Technik für ihn eine entscheidende Rolle. Hier ist seine Hartnäckigkeit und sein Perfektionsstreben geradezu herausfordernd. Naturverbundenheit und Handwerklichkeit halten sich in seiner Person und in seinem Werk die Waage. Kritik und Selbstkritik sind Schwerpunkte seiner persönlichen Haltung. Das äußert sich etwa darin, daß Peter K. Gabrian immer sagt, was ist - und nicht nur im künstlerischen Bereich - und daß er sich selbstkritisch beobachtet, wenn er einmal im Jahr "in den Spiegel schaut", im künstlerischen Sinne gesprochen: wenn er sein Selbstportrait anfertigt. Es ist aufschlussreich, diese Kette der eigenen Portraits des Künstlers über ein paar Jahrzehnte zurückzuverfolgen, denn nicht nur der Gesichtsausdruck, nicht seine Veränderungen werden damit vermittelt, sondern vor allem die Selbsteinschätzung des Künstlers durch den Menschen und umgekehrt.

Der Künstler, befragt, was denn einer seiner größten Wünsche sei, sagte: Einmal ein Jahr durchgehend in Lappland zu leben und zu arbeiten. In diesem Wunsche - und das kann man nicht nur sagen, wenn man sein Werk in größerem Umfang gesehen und kennengelernt hat - in diesem Wunsche nach weiterer intensiver Arbeit äußert sich eine Polarität von Maler und Waldläufer, Ästhet und Naturbursche, sensiblem Künstler und gelerntem, gestandenem, fähigem Handwerker. Alle drei Gegenüberstellungen zusammengenommen machen diesen Menschen und Künstler Peter K. Gabrian aus. Und man kann sehr gut verstehen, daß es ihn reizt, irgendwann einmal besonders großformatige Holzschnitte zu machen, aus dem Material der Natur mit harten Schlägen sensible Formen zu gestalten.

Professor Dr. Frank Günter Zehnder, Direktor des Rheinischen Landesmuseums Bonn



Die Wiederentdeckung der nordfinnischen Natur war eine Erfüllung der Träume für den Bonner Künstler Peter K. Gabrian. Ohne Zweifel auch sein künstlerischer Durchbruch. Peter Gabrian nennt seinen Motivkreis "Natur Lapplands". Eigentlich ist damit "Peräpohjola" gemeint, der äußerste Norden, wo die Nadelwaldzone auf ihre massivste Wildheit steigt, um gleich danach der arktischen Natur Platz zu machen.

Gabrian ist nicht in dieser Natur aufgewachsen, vielleicht deswegen ist seine Interpretation manchmal aufschreckend kontrastreich. Peter K. Gabrians Verhältnis zu seinem "Peräpohjola" (das ist der hintere Norden Lapplands) ist viel intimer als das eines zufälligen Zuschauers.

Die Stimmung seiner tagebuchähnlichen Kunst vermittelt sich oft erst denjenigen, die diese Stimmung und Landschaft selbst erlebt haben: die Welt von Lauri für diejenigen, die Aleksis Kivi und seine "Sieben Brüder" kennen; das verlorene Paradies für diejenigen, die zwischen die Räder unserer urbanen Gesellschaft geraten sind. Aus der finnischen Sicht ein interessantes Künstlerprofil. Seine Ausstellung "Kuvia Lapista" - Bilder aus Lappland, die er während eines Sommers in fünf Städten Finnlands zeigte, wurde in der überregionalen wie regionalen Presse ausführlich und anerkennend besprochen.

Man sieht ihn als besonderen Interpreten für Lappland zusammen mit Prof. Aimo Kanerva aus Helsinki und Prof. Reidar Särestöniemi aus Kaukonen, Lappland an, mit dem Gabrian bis zu dessen frühem Tode befreundet war. Auf die Frage, wo sich Gabrian selbst zwischen Stilrichtungen sieht, kommt die Antwort: jeder Künstler in Europa trägt die reiche Tradition seines Kontinents über alle Grenzen hinweg und sucht seinen Weg, der sich aus Impressionismus hin in Richtung Expressionismus öffnet. Bei Gabrian heißt das: Nein für Moderichtungen, Flucht vor dem Versuch, aus dem technischen Perfektionismus Kunst zu machen. Er bleibt offen für alles, was ihn bewegt. Und nur dies ist für einen Künstler wichtig.

Er hat eine bemerkenswerte eigene Grundlinie gefunden als Maler der finnischen Natur, er ist ein Maler Lapplands.

Botschaftsrat Dr. Seppo Kuusisto



Als Maxim Gorki die Russland-Bilder von Robert Sterl sah, wollte er nicht glauben, dass sie von einem Deutschen gemalt waren. In der Kunstgeschichte wiederholt sich zwar nichts, dazu ist künstlerische Arbeit viel zu subjektiv. Aber es gibt eigenartige, manchmal frappierende Parallelen, auf die man stößt, wenn man den engeren Kreis des eigenen Landes verlässt. Und diese Ähnlichkeiten, Neigungen, Wahlverwandtschaften - oder wie man diese Erscheinungen auch immer nennen mag, die nicht nur für den europäischen, sondern zunehmend für den weltweiten Kunstprozess kennzeichnend sind - haben gerade das Verhältnis zwischen den Skandinaviern und den Deutschen geprägt. Es gibt dafür - zurückreichend in die Jahrhunderte - unzählige Beispiele. Der am Main geborene Komponist Martin Kraus wurde Hofkapellmeister in Schweden. Die Musik von Sibelius und Grieg hat deutsche Komponisten stark beeinflusst. Brecht empfing im skandinavischen Exil wichtige Anregungen und schenkte den Finnen mit "Puntila und sein Knecht Matti" ein Volksstück. Der aus Berlin stammende Baumeister Johann Karl Ludwig Engel nahm entscheidenden Anteil an der baulichen Gestaltung der neuen finnischen Hauptstadt HELSINKI im 19. Jahrhundert. Zahlreiche finnische Künstler, so z.B. der Landschaftsmaler Homberg, absolvierten um die Mitte des 19. Jahrhunderts ihre Ausbildung in Düsseldorf. Carl von Kügelgen begeisterte sich für die finnische Landschaft. Diese Begeisterung, die nach ihm viele empfanden, teilen sich heute auch in den Bildern von Peter K. Gabrian, einem Deutschen, mit. Manchem Finnen geht es beim Anblick seiner Bilder tatsächlich so wie Maxim Gorki. So ist es nicht allzu verwunderlich, dass Peter K. Gabrian in Finnland gemeinsam mit Professor Aimo Kanerva und Professor Reidar Säresöniemi zu den namhaftesten Lappland-Malern zählt. Stellt man seine Bilder in den Kontext finnischer Malerei, so entdeckt man Bezüge zu den lyrisch verhaltenen, lichtdurchfluteten Arbeiten von Ester Helenius (1875-1955), zu den kraftvollen Farbklängen bei Aare Heinonen (geb. 1906), Rafael Wardi (geb. 192 1) oder Väinö Hämälainen (1876-1940), zu den zeichnerisch verknappten, die kompositorische Festigkeit suchenden Bildideen von Erkki Tanttu (geb. 1907), zu den kargen, aufs Wesentliche dringenden Darstellungen Aimo Kanervas (geb. 1909). Aber auch zu den pastellhaften, pointillistischen Malereien Sirkka-Liisa Lonkas. Solche und andere Einflüsse hat Peter K. Gabrian gespürt, aber nicht bewusst gesucht. Er ist seinen eigenen Weg gegangen, hat das ihm Gemäße gefunden - getrieben von seinem Schicksal und seiner großen Liebe zur Natur und zu den Menschen Lapplands. Als junger Mensch gehörte er zu jener Generation, die im 2. Weltkrieg missbraucht wurde. Als deutscher Gebirgsjäger war er im finnischen Fortsetzungskrieg gegen die Sowjetunion in den Kämpfen an der Litsa gegen Murmansk und im Winter 1941 / 42 im Waldkampf, dem sog. Motti-Krieg, am Polarkreis eingesetzt. An den Folgen einer schweren Verwundung leidet er noch heute. Mehr als 40 Jahre später hat er diese Erlebnisse in seinem Triptychon "Winterkrieg in Lappland" verarbeitet. Viele aus seiner Generation haben ihre Kriegserlebnisse auf eigenartige Weise verdrängt, aber bei ihm blieb ein sehr lebendiger, friedvoller, menschenfreundlicher Traum vom Norden, der ihn zwanzig Jahre nach seiner Verwundung wieder nach Lappland führte. Es war, so zeigen es seine Bilder, wie ein innerer Zwang. Und seit 1962 verbringt er jährlich als Maler, Organisator internationaler Begegnungen von Künstlern und Pionier des Kulturaustausches zwischen Finnen und Deutschen den Sommer in Lappland. Den Betrachter springen die Farben an, wie ähnlich den Maler das Naturerlebnis angesprungen haben mag - unmittelbar unter der Dominanz des ersten Eindrucks. Nur herrscht in seinen Bildern nicht - wie bei vielen Impressionisten - das Vergängliche des stimmungsvollen Augenblicks vor, sondern etwas Allgemeineres, wie es sich im Zyklus der Jahreszeiten stets aufs Neue wiederholt. Hier verbindet sich Eindruck und Erfahrung zu einer subtilen Ausdruckskunst, in der das Koloristische nicht mehr dekorativ bewertet, sondern durch die Farbe das Wesenhafte eines Landschaftserlebnisses mir rücksichtsloser Subjektivität ausgestellt wird. Die Bilder muten wie farbige Visionen einer bewegten Natur an; manchmal drücken sie etwas nur Empfindbares aus, als dass sie Sichtbares zeigen. Peter K. Gabrian entgeht der Versuchung, alle Form in Licht und Farbe aufzulösen. Er strebt vielmehr eine behutsame, manchmal kräftige Verfestigung der Form und eine Steigerung des Ausdrucks an. So ist seine Malerei impressiv und expressiv zugleich. Uns begegnet ein Wechselspiel: Das malerische Erfassen von Naturstimmungen und die Projektion eigener psychischer Zustände auf den Malgrund bilden eine eigenwillige Dialektik, die ich als ein erstes Spezifikum der Malerei Peter K. Gabrians bezeichnen möchte. Und diese Stimmungen sind nicht nur harmonisierend, sondern oft voller Kontraste. Eine Spannung entsteht zwischen den weniger wandelbaren, naturgegebenen Formen, die er aufsucht und auf die Bildfläche komponiert, und der starken Wandelbarkeit der Farben. Hier sind wir beim zweiten Wesenszug seiner Malerei. Es sind die Farben, die ihm zunächst nur der glaubt, der sie selbst am Polarkreis erlebt hat und die ihn und uns in ihren Bann ziehen. Sie sind jedoch nicht einfach - wie Dürer einmal sagte - aus der Natur "herausgerissen", sondern hier äußert sich etwas Geistiges, das sich in der Sinnhaftigkeit seiner Landschaftsmalerei niederschlägt und das uns die tiefe Ruhe, die Melancholie des polaren Winters ebenso nachempfinden lässt wie den Farbenrausch des nordischen Mitsommers. Wie die meisten nachimpressionistischen Maler verarbeitet Peter K. Gabrian die beim Zeichnen vor der Natur vorgenommenen Abstraktionen im Atelier. Dort experimentiert er ohne Ablenkung durch das Vorbild mit den möglichen Klangfarben und den sich ihnen verbindenden Stimmungswerten. Schon die Wahl des Grundtones führt zu gestalterischen Konsequenzen - immer als Ausdruck eines tief verinnerlichten, ganzheitlichen Lappland-Erlebnisses und immer als Summe künstlerischer Erfahrungen mit diesem Erlebnis. Der Maler Peter K. Gabrian ist ein Naturlyriker - ohne Sentimentalismus oder Idyllik, sondern voller klarer Rhythmen und Kontraste, voller Zartheit und Dynamik. Die eigenwillige Symbiose von Gesamtkomposition, Formenbildung, Farbtonfolgen und Farbklängen erinnert an Gedichte oder suggeriert die Vorstellung musikalischer Klangfülle. Peter K. Gabrian ist sich stets treu geblieben, hat sich keinen Moden unterworfen, ist offen geblieben für alles, was ihn menschlich und künstlerisch bewegt, aber seine Werke sind nicht austauschbar wie die mancher Anpasser: Sie sind unverwechselbar, eigenständig, von einer selbstbewussten Individualität geprägt, die von der Richtigkeit ihres Weges überzeugt ist. Auch das macht mir ihn und seine Kunst so sympathisch.

Zur Ausstellung "Mitternachtssonne"
In der Galerie Spittelkolonnaden, Berlin - 1993
Ansprache von Dr. Peter Michel, Kunsthistoriker